Am letzten Tag des alten Jahres ist der Ehrenvorsitzende unseres Vereins Freie Wähler Suhl für immer von uns gegangen. Wir trauern um Erhard Kretschmann, unseren klugen Freund und eine herausragende Suhler Persönlichkeit. Er wird uns und vielen Menschen in Suhl fehlen. Die Zusammenarbeit und die Gespräche mit ihm, seine Ratschläge, seine Besonnenheit und Toleranz haben uns viel gegeben. In seinem Berufsleben, später im Ruhestand, stets lebte er, der Christ und Kirchenmann, die Ideale für die er stand. Freiheit und Demokratie im Land, aber auch in unserer Stadt, waren ihm ebenso wichtig wie das Engagement für Frieden auf der ganzen Welt. Er setzte sich ein gegen den Hunger und die Not in vielen Ländern, gegen die globale Umweltzerstörung, gegen Hass und Menschenverachtung.
Erhard Kretschmann redete nicht nur über Ideale und Werte. Er war dafür auch immer aktiv. Ob als Superintendent, gewählter Stadtrat, langjähriger Vereinsvorsitzender, Fraktionsvorsitzender, ehrenamtlicher Beigeordneter des Oberbürgermeisters oder überhaupt als politisch denkender Zeitgenosse. Gemeinsam standen wir mit ihm auf Suhler Plätzen und demonstrierten gegen Atomkraft oder Rechtsextremisten. Erhard Kretschmann war ein mutiger Mensch und gehörte zu denen, die die DDR verändern wollten. Er hatte einen demokratischen, freiheitlichen Staat im Sinn. Als Superintendent öffnete er im Herbst 1989 die Türen der Kirchen und rief auf, friedlich und gewaltfrei zu bleiben beim Sturm auf die Stasi-Zentrale. Er war eine führende Kraft des demokratischen Umbruchs. Manches entwickelte sich anders als es sich der Christ Kretschmann vorgestellt hatte. Doch er blieb immer der, der er war, ein geradliniger, hilfsbereiter Mensch. Er engagierte sich für "Die Insel" und für Menschen, denen es nicht so gut ging, weil sie in der neuen Gesellschaft nicht Fuß fassen konnten oder weil sie Schlimmes erleiden mussten. So war es für ihn selbstverständlich, den Kriseninterventionsdienst mit aufzubauen. Erhard Kretschmann war ein gefragter Mann bei zahlreichen Veranstaltungen und bei Podiumsdiskussionen.
Die Mitglieder unserer Wählervereinigung, unsere Stadträte, haben immer von seinem Wissen, seinen Erfahrungen, seiner Lebenseinstellung partizipiert. Wir haben aber auch in der Kirche gesessen, wenn er mit der Kantorei gesungen hat und freuten uns mit ihm, wenn das Konzert viel Beifall erhielt. Wir sind wie ganz bestimmt viele Menschen in Suhl zutiefst traurig, dass uns Erhard Kretschmann verlassen hat. Aber wir sind froh, dass es diesen Mann gegeben hat und er sich für seine Verdienste um unsere Stadt ins Ehrenbuch Suhls eintragen durfte. Wir verabschieden uns in Hochachtung von einem Mann, der bis an sein Lebensende ein Rufer und Kämpfer für eine friedliche, gerechtere Welt war.
Brigitte Günkel, Vereinsvorsitzende Freie Wähler Suhl
Ingrid Ehrhardt, Fraktionsvorsitzende Freie Wähler Suhl